• Anhörungsbogen

    Anruf am frühen Morgen. Ein unbekannter Anrufer; eine sehr junge männliche Stimme. Er nannte seinen Namen, machte eine kurze Pause und sprudelte dann auch schon los.

    BildEr habe als Betriebsleiter von seinem Geschäftsführer ein Schreiben der Bezirksregierung weitergeleitet bekommen – einen Anhörungsbogen. Das Unternehmen soll technische Auflagen nicht fristgerecht umgesetzt haben – es handele sich um zwei Lastenaufzüge. Diese waren beim letzten Besuch des Prüfers bemängelt worden.

    Der Anrufer gab zu, dass er die beiden Prüfberichte nicht so wichtig genommen habe. Er habe das Papier erst einmal beiseite gelegt. Schließlich musste er dem Einkauf helfen, andere, gleichwertige Lieferanten zu finden. Hätte er nicht geholfen, wäre die ganze Produktion zum Erliegen gekommen. Lieferschwierigkeiten an allen Ecken und Enden!
    Und dann habe er den Bericht vergessen.

    Jetzt frage er sich, ob er überhaupt der richtige Ansprechpartner für die Mängelbeseitigung sei. Der Aufzug sei Bestandteil des Gebäudes, das aber nicht der Produktionsgesellschaft gehöre. Diese sei nur Mieter. Das Gebäude sei im Besitz einer Immobiliengesellschaft; einer der Gesellschafter sei allerdings auch Geschäftsführer der GmbH.

    Wäre es nicht Aufgabe der Immobiliengesellschaft, sich um die Prüfung der beiden Aufzüge und die Mängelbeseitigung zu kümmern?

    Als er endlich Luft holte, nutzte ich die Pause und antwortete ihm, dass ich ihm dazu nichts sagen könne. Er müsse prüfen, wie Pflichten zwischen Vermieter und Mieter vertraglich im Mietvertrag geregelt seien.

    Der Betriebsleiter rief ein paar Tage erneut an. Er habe das Problem mit der Behörde telefonisch klären können; er habe kulanterweise eine Fristverlängerung gewährt bekommen. Sich selbst habe er erst einmal Lesezeit verordnet – der Mietvertrag der GmbH.

    Und mit mir hat er einen Beratungsvertrag mit dem Fokus auf technische Betreiberpflichten abgeschlossen.

    „Der Vermieter ist verantwortlich“, ein häufig verbreiteter Irrtum in der betrieblichen Praxis.

    Viele gewerbliche Mieter gehen davon aus, dass der Vermieter als Eigentümer Verantwortung für alle bauordnungsrechtlichen Vorgaben habe und alle Pflichten für die sonstigen anlagentechnischen Einbauten erfülle. Weit gefehlt!
     
    Fast alle Standardmietverträge verlagern jedoch die Verantwortung auf den Mieter.

    Unter der Überschrift „Mietsache“ stehen meist allgemeine Begriffe, wie „Gewerberaum“, „Lager“ oder „Büro“. Die Nutzung ist überwiegend eine andere, als ursprünglich beantragt und genehmigt wurde.

    Wichtig. Es reicht nicht nur der Blick in die Baugenehmigung; wichtig ist auch die Einsicht in den vollständigen Bauantrag (einschl. Betriebsbeschreibung für gewerbliche
    Anlagen, Baubeschreibung, …).

    Erst dann hat der Mieter alle Informationen, um dann vor Unterschrift unter den Mietvertrag zu prüfen, ob ein neuer Antrag gestellt oder eine Nutzungsänderung beantragt werden muss. Das ist zum Beispiel schon erforderlich, wenn sich nur die Zahl der Beschäftigten ändert. Prüfen Sie, ob die Art / Anzahl der aufgestellten Maschinen und Anlagen – Stichwort Brandschutz oder auch die eingesetzten Gefahrstoffe noch dem Antrag entsprechen. 

     

    Drum prüfe, wer sich als Mieter vertraglich bindet, ob sich nicht noch eine Pflichtenlücke findet.

     
     

    TIPP:

    Lassen Sie vor Unterschrift ein professionelles Auflagenkataster erstellen!

    Und was mache ich, wenn ich schon langjähriger Mieter bin? „Augen schließen, dann sieht mich keiner“ ist nicht hilfreich. Fangen Sie mit der Aufarbeitung an. Holen Sie sich kompetente Berater an Bord. Je länger Sie warten, desto schwerer wird das Manövrieren. Allein bekommen Sie dann Ihr Schiff nicht ohne Schäden in den sicheren Hafen.

     

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